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Personal/Hintergrund  

"Corona hat mir den Teil genommen, worauf ich mich als Profi am meisten gefreut hatte"

Ex-Bayerin Franziska Schreiner geht den nächsten Schritt in ihrer Karriere / "Die Bedingungen im DTTZ sind wirklich top"

Franzi Schreiner bei der DM in diesem Jahr im BTTV-Trikot (Foto: Erik Thomas)

August 2020. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt für die langjährige Bayernkader-Spielerin Franzi Schreiner. Nach erfolgreichem Abschluss des Abiturs stand für die ehemalige Spitzenspielerin des unterfränkischen Süd-Drittligisten TV Hofstetten der Umzug nach Düsseldorf und somit der Start des Profiseins bevor.

Dass Schreiner, die aus einer Tischtennis-Familie stammt, vielleicht einmal den Schritt ans Deutsche Tischtennis-Zentrum (DTTZ) wagen würde, stand schon lange im Raum. Die finale Entscheidung traf die 18-Jährige jedoch erst im Januar, als ihr ein Platz als Sportsoldatin zugesichert wurde. „Ich hatte das Glück, einen Platz bei der Bundeswehr zu bekommen, sonst hätte ich den Schritt nicht gemacht. Das ist als Tischtennis-Profi die einzige Absicherung, die man hat, deshalb war ich darüber sehr froh“, so Schreiner über ihre Entscheidung Anfang des Jahres.

Von der Gymnasiastin zur Sportsoldatin

Ihre Zeit als Sportsoldatin begann mit einer vierwöchigen Grundausbildung, die im Juli in Hannover stattfand. In den kommenden Monaten stehen außerdem einige Weiterbildungen und Lehrgänge an, an denen Schreiner blockweise teilnehmen wird. Zudem wird sie des Öfteren die Kaserne in Köln besuchen. „Grundsätzlich ist es so: Wenn die mich rufen, dann muss ich kommen. Aufgrund von Corona ist das zur Zeit aber eher selten der Fall“, so Schreiner über ihre Aufgaben bei der Bundeswehr.

Damit man überhaupt die Chance hat, am Sportförderungsprogramm der Bundeswehr teilzunehmen, muss man Mitglied des B-Kaders sein; die Laufzeit beträgt jeweils etwa ein Jahr – somit ist Schreiner erst einmal bis Mai nächsten Jahres mit dabei. „Wenn ich gut spiele, meinen Platz in der Nationalmannschaft behalte und die Bundeswehr mich weiterhin haben möchte, wäre das natürlich super. Das sieht man dann nächstes Jahr.“

Der Umzug nach Düsseldorf fiel Schreiner recht leicht. Dadurch dass in Düsseldorf schon jahrelang Lehrgänge der Jugend-Nationalmannschaft stattfanden, kennt sie die Stadt und vor allem auch das DTTZ in- und auswendig. „Das war eigentlich keine riesen Sache“, überlegt Schreiner. „Ich kannte ja schon zuvor alle, die hier trainieren, deshalb musste ich mich nicht noch zusätzlich an neue Leute gewöhnen. Ich fühle mich hier wohl“, so die Neu-Düsseldorferin, die im August eine kleine Wohnung in der Nähe der Halle bezogen hat.

Corona beeinflusst auch Profisportler

Doch auch Franziska Schreiner ist von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Aufgrund der Reisebeschränkungen finden momentan keine internationalen Turniere statt und auch die Fortführung des Bundesliga-Spielbetriebs wird durch die etlichen Spielverlegungen aufgrund von steigenden Zahlen beeinflusst. Unter diesen Umständen trotzdem in jedem Training 100 Prozent zu geben, gestaltet sich manchmal als schwierig. „Es ist schon manchmal schwer, sich zu motivieren, wenn man weiß, man spielt jetzt erst mal keine Turniere. Wenn man dann auch mit der Mannschaft eher weniger Spiele hat, weil die wegen Corona abgesagt werden, steht man ja quasi ganz ohne Wettkampf da. Das ist einfach schade.“
Denn als „Neu-Profi“ sind ja genau die internationalen Turniere, die man zuvor als Schüler nicht wahrnehmen konnte, das Neue und das Aufregende. „Eigentlich hat Corona mir genau das genommen, worauf ich mich als Profi am meisten gefreut hatte“, so Schreiner über die Auswirkungen von Corona.

„Die Bedingungen sind wirklich top“

Einen typischen Tag im Leben eines Tischtennis-Profis in Düsseldorf beschreibt Schreiner wie folgt: Zwei Einheiten sind vorgegeben – eine vormittags und eine nachmittags. Zwischendrin bleibt Zeit für Regeneration und ein Mittagessen in der Kantine – was sich aufgrund von Corona zur Zeit allerdings als etwas schwierig darstellt und Franzi Schreiner somit zum selbstständigen Kochen – und dem nicht ganz so beliebten Spülen – "zwingt“. 

Neben den zwei regulären Einheiten besteht außerdem die Möglichkeit, eigene Tischtennis-Einheiten am Abend zu absolvieren, Balleimer-Training zu organisieren oder am Krafttraining teilzunehmen. Die Bedingungen in Düsseldorf sind somit ideal. „Wir haben hier wirklich alle Möglichkeiten, auch zusätzlich zum eigentlichen Training noch Einheiten einzubauen. Die Bedingungen sind wirklich top.“

Konkrete Pläne oder feste Vorgaben für die nächsten Jahre hat sich Schreiner nicht gesetzt. Ähnlich wie der große Bruder (Florian Schreiner, spielt nun in der 3. Liga beim FC Bayern München) damals, möchte die 18-jährige einfach sehen, ob sie sich als Profi durchsetzen kann, ohne dabei zu verkrampfen. „Es ist einfach schön, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, in das Leben als Profi hineinzuschnuppern. Man weiß ja gar nicht genau, wie das ist, wenn man es sich immer nur im Kopf ausmalt. Zu hohe Ziele setze ich mir erst einmal nicht, sonst könnte ich die Zeit hier in Düsseldorf auch gar nicht richtig genießen“, berichtet Schreiner von ihren Plänen für die Zukunft.

Von Hofstetten nach Langstadt

Eine weitere Veränderung in diesem Jahr brachte Schreiners Wechsel vom bayerischen Hofstetten zum hessischen TSV Langstadt mit sich. Dort schlägt Schreiner hauptsächlich im hinteren Paarkreuz der 1. Bundesliga auf, unterstützt jedoch auch die zweite Mannschaft in der 3. Liga Nord. In der ersten Damenmannschaft kann sie durch ihre teils schon sehr erfahrene Mannschaft – wie zum Beispiel die deutsche Nummer 1 Petrissa Solja – viele wertvolle Erfahrungen sammeln. Im Verein selbst fühlte Schreiner sich von Anfang an wohl. „Die Leute sind alle extrem nett und haben mich super aufgenommen, sodass ich mich direkt wohl gefühlt habe. Generell ist der Verein auch wirklich engagiert, was schön zu sehen ist.“

Die freien Wochenenden, die durch mangelnden Wettkampf momentan gar nicht so selten sind, verbringt die gebürtige Unterfränkin derzeit aber trotzdem weniger im heimischen Kleinwallstadt, sondern eher in Düsseldorf. Die Nationalmannschaft trainiert auch am Samstag und somit könnte Schreiner nur für einen Tag nach Hause fahren. „Gerade jetzt während Corona möchte ich das Zugfahren so gut es geht vermeiden. Außerdem steigen die Zahlen jetzt ja sowohl in Bayern als auch in Nordrhein-Westfalen, also möchte ich kein Risiko eingehen.“

Die erste Damenmannschaft des TSV Langstadt (von l. nach r.: Franzi Schreiner, Alena Lemmer, Petrissa Solja, Tanja Krämer) (Foto: Joaquim Ferreira)

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