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Spitzentischtennis ohne lizenzierte Schiedsrichter am Tisch - geht das?

Ein kritischer Kommentar von BTTV-Verbandsschiedsrichterobmann Joachim Car

BTTV Verbandsschiedsrichterobmann Joachim Car. Foto: Erik Thomas

Immer weniger Schiedsrichter-Kollegen sind bereit sich an einem Wochenende von 8.00 bis 20.00 Uhr im 12-Stunden-Dauereinsatz als SR am Tisch bei regionalen und überregionalen Turnieren zu engagieren und dabei quasi zum "Nulltarif" ihre wertvolle persönliche Freizeit dem Tischtennissport zur Verfügung zu stellen. 

Ein aktuelles Beispiel: Ein SR-Kollege aus Oberfranken muss bei einem Turnier wie dem Deutschlandpokal der Schüler im April 2015 wegen einer Anreise von ca. 125 km schon um 5.30 Uhr seine Wohnung verlassen und dürfte so gegen 21.30 Uhr wieder zu Hause sein. Dann hat er als ehrenamtlich Tätiger einen 16-Stunden-Arbeitstag hinter sich, zumindest dann, wenn er sein Auto selbst gesteuert hat. Einem abhängig beschäftigten Arbeitnehmer in Europa darf so etwas nicht widerfahren, denn die EU-Arbeitsrichtlinie lässt nur maximal 13 Stunden ununterbrochene Arbeitszeit zu. Danach muss nach EU-Arbeitsrecht zwingend eine 11-stündige Ruhephase eintreten. Der ehrenamtliche SR setzt sich aber schon am nächsten Morgen um 6.00 Uhr wieder in sein Auto, um pünktlich zum Turnierbeginn seine Arbeit in der Halle mit der Einweisung durch den OSR um 8.15 Uhr wieder aufzunehmen.

Wenn dieser betroffene Schiedsrichter im Vorfeld der Veranstaltung um eine Übernachtung bittet, dann darf er auch noch eine schriftliche Begründung abliefern, warum diese Übernachtung überhaupt notwendig ist. Und dieser Übernachtungsgesuch bedarf selbstredend im "bürokratisierten" Deutschland einer offiziellen Genehmigung durch eine autorisierte Stelle. Selbstverständlich wird durch diese Stelle dem 64-jährigen Schiedsrichter sein Wunsch auf altersgerechte Unterbringung im Einzelzimmer versagt, weil die Statuten der Finanzordnung des DTTB für Spieler und Schiedsrichter die Unterbringung im Doppelzimmer vorschreiben. Übrigens für Funktionäre und hauptamtliche Mitarbeiter im DTTB gilt dies natürlich ausdrücklich nicht.

Um diese "Arbeitsbedingungen" zu tolieren, bedarf es schon eines gehörigen Maßes an Demut.

Der Sparbeschluß des DTTB-Bundestages, der die eh schon sehr bescheidenen SR-Vergütungen von 24 EUR auf 12 EUR (pro Einsatztag, damit das von Außenstehenden nicht falsch verstanden wird) halbiert hat, übrigens mit den Stimmen der Landesverbände, schlägt im Moment motivatorisch voll durch. 

In allen Verbänden gibt es bei den im Frühjahr 2015 anstehenen Turnieren große Probleme die notwendige Zahl an Schiedsrichtern zu rekrutieren. 

Den meisten Schiedsrichtern geht es dabei gar nicht um eine großartige Honorierung oder sogar einen Verdienst, davon kann keine Rede sein. Aber eine geringfügige Aufwandsentschädigung, sozusagen eine kleine Belohnung für das ehrenamtliche Engagement, auch um die eigenen Kosten für Verpflegung, Bekleidungsabnutzung und Reinigung zu decken, sollte doch der Mindeststandard sein, sonst fühlt man sich doch sehr ausgenutzt und vermisst schon etwas die Anerkennung der gezeigten Einsatzbereitschaft.

Und damit zurück zur Eingangsfrage. 

Die Antwort lautet: Es wird gehen müssen. 

Die Gremien für Jugend- und Erwachsensport im DTTB und in den Landesverbänden werden sich notgedrungen mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie die Überwachung der internationalen TT-Regeln sowie die Leitung von Einzel- und Doppelspielen am Tisch bei bedeutenden überregionalen Turnieren in Zukunft zu bewerkstelligen sein wird, wenn die ehrenamtlich tätigen lizenzierten Schiedsrichter nicht mehr bereit sind unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ihr Engagement für unseren Sport fortzusetzen. 

Wenn man Schiedsrichter wie Menschen zweiter Klasse behandelt, muss man Verweigerungsreaktionen einkalkulieren oder es mangelt manchen Entscheidungsträgern an der notwendigen Empathie. 

Der schleichende Prozess der Demütigung der Schiedsrichter ist ja nicht erst durch den Bundestagsbeschluss im Dezember 2014 ausgelöst worden, sondern schon seit vielen Jahren zu beobachten. Schiedsrichter werden seit vielen Jahren regelrecht genötigt ihre Reisekosten zu Veranstaltung im Ausland selber zu tragen, wenn sie auf der Schiedsrichter-Karriereleiter aufsteigen wollen. Selbst bei einer WM oder German Open im eigenen Land wird die Fahrtkostenerstattung auf 50 EUR gedeckelt, obwohl dies in keiner Bestimmung oder Ordnung verankert ist. Die Finanzordnung des DTTB sieht nämlich vor, dass alle vom DTTB bei Bundesveranstaltungen und Wettkämpfen eingesetzten ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter Reisekostenvergütungen nach Maßgabe der RKO des DTTB erhalten. Und das gleiche gilt auch für die zu Veranstaltungen im internationalen Bereich entsandten Teilnehmer, so ist zumindest in Nr. 9 der Finanzordnung des DTTB nachzulesen. 

Auch ein einfaches Zurücknehmen der Entscheidung vom Jahresende 2014 und das Abtun als Betriebsunfall, löst das eigentliche Kernproblem nicht. 

Den Schiedsrichtern fehlt ganz einfach allerorten die erforderliche Anerkennung.

ENDE DES KOMMENTARS - RÜCKKEHR ZUR REALITÄT

Der Fachbereich Schiedsrichterwesen im BTTV, kann und will seine Verantwortung für die regelgerechte Abwicklung unserer Turniere nicht vernachlässigen - wir haben schließlich einen Auftrag - und bemüht sich weiterhin intensiv, um die Besetzung der anstehenden Turniere.

Wir bitten deshalb alle Schiedsrchter, die unter den gegebenen Rahmenbedingungen bereit sind zu unterstützen, um ihre Mitwirkung bei folgenden Großturnieren in den nächsten vier Monaten:

11./12. April 2015     Deutschlandpokal der Schülerinnen in Dillingen

11./12. April 2015     Deutschlandpokal der Schüler in Scheinfeld

6./7. Juni 2015          TOP 24 Bayern Damen und Herren in Etting

20./21. Juni 2015     Deutsche Mannschaftsmeisterschaften der Schüler in Zorneding

An einem Einsatz interessierte Schiedsrichter melden sich bitte direkt beim VSRO, Joachim Car. 

Bitte unterstützt den Fachbereich gerne auch mit einem 1-Tages-Einsatz am Samstag oder Sonntag.

Dillingen ist auch dank der Unterstützung durch den TTVWH gewährleistet.

Für Scheinfeld haben sich bisher 12 SR gemeldet. Hier benötigen wir noch mindestens 6 SR-Kollegen, um die Veranstaltung sicher zu stellen. 

Für Etting und Zorneding gibt es erst sehr wenige Bewerbungen. Hier sind besonders die südbayerischen Kollegen angesprochen. 

Bitte unterstützt den Fachbereich SR-Wesen durch euer Engagement. 

Herzlichen Dank für eure Einsatzbereitschaft

Euer VSRO

Joachim Car

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