Zum Inhalt springen

Mannschaftssport Erwachsene  

Ritterschlag für Bad Königshofen

Keine Spur von Enttäuschung beim TSV und 1260 Fans nach 0:3 gegen Borussia Düsseldorf

Traumkulisse: 1260 Fans erlebten Bad Königshofens Heimspiel gegen Borussia Düsseldorf.

„Ist er dabei?“ fragten nicht wenige der 1.260 Zuschauer beim Betreten der Shakehands-Arena. Sogar Akihiko Kotani, „Mister Shakehands“, der TSV-Sponsor, war extra aus Japan eingeflogen, um dieses Highlight in der 157-jährigen Geschichte des TSV Bad Königshofen gegen den 29-fachen deutschen Meister Borussia Düsseldorf mitzuerleben. Aber die Nummer 1 der Welt, Timo Boll, war nicht dabei. Enttäuschung? Keine Spur!

Die Mannschaft von Trainer Danny Heister hatte am Freitagabend in Ochsenhausen mit Boll 2:3 verloren. Noch eine Niederlage, die zweite gegen die laut Hallensprecher Jürgen Halbig vor Beginn „einzige Mannschaft, die noch nie gegen die Borussia verloren hat“, diese Blöße wollte man sich nun doch nicht geben. Heister muss ein Meister der Motivation sein oder trug jeder der Fegerl, Karlsson und Källberg davon schon genug mit sich herum: Die hoch konzentrierte, hoch motivierte Vorstellung dieses Trios war allererste Sahne, führte zur ersten 0:3-Heimniederlage des TSV. Ohne dass Jorgic, Oikawa oder Ort enttäuscht hätten. Auch sie spielten am Limit, nur nicht kontinuierlich genug bis zum dritten Satzgewinn. Wahrscheinlich liegt dieses Limit bei den Jungspunden noch nicht so hoch wie bei den drei Borussen.

„Ich will Ihnen was sagen“, beschrieb Düsseldorfs Manager Andreas Preuß diese zweieinhalb Stunden. „Was Sie heute gesehen haben, war Tischtennis auf international hohem Niveau und da gehören bekanntlich zwei dazu. Dieser Verein hier, diese Mannschaft und dieses Publikum haben Format. Sie können es ruhig weiter sagen: Wer Spitzen-Tischtennis sehen will, der muss nicht nach Düsseldorf kommen. Der bekommt es auch in Bad Königshofen zu sehen.“ In der Tat waren er, der Trainer, die Physiotherapeutin und die Spieler (in der selben Besetzung wie bei ihrer 2:3-Hinspiel-Niederlage) so heiß, so aufgedreht, als ginge es hier nicht nur um Wiedergutmachung und Zurecht-Rücken der Verhältnisse, sondern schon um die deutsche Meisterschaft.

Im November hatte Jorgic im entscheidenden Duell Stefan Fegerl mit 3:1 in die Knie gezwungen. Diesmal fegte Fegerl den TSV-Einser zwar nicht von der Platte. Der elffache WM-Teilnehmer überließ dem jungen Slowenen bei seinem letzten Heim-Auftritt im TSV-Trikot aber ebenso nur einen Satz. Revanche gelungen. Zeichen auf Sieg gestellt. Als Jorgic nach verlorenem ersten Satz den zweiten gewonnen hatte und im dritten 5:2 vorne lag, da war ihm das „blaue Wunder, Teil 2“ noch zuzutrauen. Er machte aber nur noch einen Punkt in diesem Satz. Im vierten war bei 9:6 noch alles drin. Es folgte aber wieder eine dieser verflixten Negativserien zum 9:11. Dieser Dämpfer saß.

Wirkung zeigte er bei Mizuki Oikawa, Nr. 1 der U-21-Weltrangliste, keineswegs gegen die Nr. 17 bei den „Großen“ , Kristian Karlsson. 11:4 schickte „Mitsou“ den schwedischen Meister und zweifachen Champions-League-Sieger zurück zu einem aufgeregten Coach Heister. Noch nie gab es in dieser Halle bei 1:0 im zweiten Satz so lang anhaltenden Beifall. Auslöser für den Jubelsturm der 1.260 war eine faszinierende Rallye, die Oikawa für sich entschied. Danach aber ging die schwedische Post ab, gewann Karlsson den zweiten Satz 11:8 und den dritten 11:7. Der Japaner holte den vierten 12:10 und musste sich im fünften 8:11 beugen.

Ob die Wahnsinns-Stimmung in der Halle mehr die Gastgeber oder die Gäste beflügelte, bleibt dahingestellt. So lang anhaltend, wie Kristian Karlsson nach seinem Sieg dem Publikum applaudierte (und dieses beiden Sportlern), muss man annehmen, dass es ihm sehr gut getan hat.

Jetzt durfte der Lokalmatador Kilian Ort in die Box und hatte die Chance, mit einem Sieg gegen Anton Källberg die Reset-Taste zu drücken. Was für eine Vorstellung des frisch gebackenen deutschen Vizemeisters im ersten Satz: 11:6 mit einer überzeugenden, an Berlin erinnernden Leistung. 8:4 und 10:9 im zweiten Satz für Ort, aber Källberg machte mit 15:13 zu und glich aus. „Rufen wir doch einmal unseren Franken-Apostel an, auf geht?s Kilian“, forderte Halbig die so oder so begeisterten Fans auf. Wer weiß, ob eine durchaus mögliche 2:0-Führung den „Killy“ wieder zur „Steger-Form“ zurück geführt hätte. Källberg machte es aber, besonders mit seiner Riesen-Rückhand ganz abgebrüht, entwaffnete Kilian von seiner nicht mehr so gnadenlos starken Vorhand und stellte das verdiente Endergebnis her.

„Ich hatte zwischendurch mal die Hoffnung zu gewinnen“, befand TSV-Coach Koji Itagaki. „Düsseldorf war aber doch einen Tick besser.“ Und das reicht im Tischtennis eben, um 0:3 und 4:9 nach Sätzen zu verlieren – vermutlich gegen den bald 30-fachen deutschen Meister.

Stimmen zum Spiel

Andreas Preuß (Manager von Borussia Düsseldorf): Ein etwas zu deutlicher Sieg vor einer großartigen Kulisse. Unsere Jungs hatten sich gut vorbereitet. Wir wussten, was uns hier blüht. Das war Tischtennis auf ganz hohem Niveau. Mein Kompliment an das ganze Drumherum. Was hier abgeht, ist sensationell. Hier kann mal was ganz Großes entstehen. Düsseldorf hat auch mal klein angefangen. Wenn es überall so wäre, dann wäre die Bundesliga ein Stück weiter, ohne Frage. Wir sind mit einer Menge Respekt hierher gefahren. Bad Königshofen hat eine gute Mannschaft, ich wünsche ihr noch ein gutes Ende der Saison.

Kristian Karlsson (Nummer 1 von Borussia Düsseldorf): Unsere Mannschaft hat ein ausgezeichnetes Spiel abgeliefert, der Gegner aber auch. Unser Sieg war zumindest in dieser Höhe etwas glücklich und zu hoch. Ich selber hatte ja wirklich großes Glück Mitte des dritten Satzes und im fünften wieder. Das Publikum hier ist einfach sensationell. Die haben nicht übertrieben, von denen ich schon viel über Bad Königshofen gehört habe. Es ist ein sehr nettes, faires Publikum, das die Leistung aller Sportler respektiert und ich hoffe, ich kann noch sehr oft hier in dieser Halle spielen.

Koji Itagaki (Headcoach des TSV Bad Königshofen):In der Vorrunde bei unserem Sieg in Düsseldorf waren sie etwas überrascht von unserer Stärke und deshalb ziemlich nervös. Aber heute haben uns einige leichte Fehler in wichtigen Situationen die Chance auf eine weitere große Überraschung genommen. Es gab viele enge Momente und ich hätte mir öfter gewünscht, Timeout nehmen zu dürfen. Allerdings habe ich ein Mal zum falschen Zeitpunkt ein Timeout genommen. Das war mein Fehler. Heute hat Borussia Düsseldorf aber auf seinem gewohnten, starken Level gespielt und ich denke auch verdient gewonnen. Sie sind die verdiente Nummer 1 in Deutschland.

Pater Paul Mutume (Pfarrvikar in Bad Königshofen aus Uganda):Ich war heute bereits das zweite Mal hier in der Halle. Bevor ich nach Bad Königshofen kam, hatte ich diese Sportart nicht gekannt. Sie ist aber sehr dynamisch und spannend. Es ist schön, dass Bad Königshofen so eine gute Mannschaft hat, die so vielen Leuten Freude bereiten kann. In der Halle war es viel wärmer als draußen in diesem fürchterlich kalten Weiß.

Aktuelle Beiträge