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Personal/Hintergrund  

Ihr Weg zum Profi: Franzi Schreiners Woche bei den German Open

17-Jährige vom TV Hofstetten hat aus Bremen einen Erlebnisbericht geschrieben

Franzi Schreiner, hier bei den Deutschen Meisterschaften 2019 in Wetzlar (Foto: Erik Thomas)

Franziska Schreiner hat bei ihrem German-Open-Debüt die volle Härte eines Platinum-Turniers der ITTF World Tour mitbekommen. Der erste Auftritt der 17-jährigen Jugend-Nationalspielerin, die bei den Euros im Sommer mit der Mannschaft sensationell Gold gewonnen hatte, in der ganz großen Damen-Welt war nach 20 Minuten mit 4:11, 2:11, 2:11 und 4:11 beendet. Ihre Kontrahentin, die acht Jahre ältere Liu Fei aus China, ist zwar nur die Nummer 233 der Weltrangliste, aber eine der besten Abwehrspielerinnen.

Die gebürtige Aschaffenburgerin in Diensten des TV Hofstetten, Schreiner, hatte schon vor dem Turnier in der ÖVB-Arena festgelegt, dass sie auch im Falle einer zu erwartenden frühen Niederlage auf jeden Fall länger bleiben wolle. Zum Trainieren und Lernen. Ihr Ziel nach dem Abitur im kommenden Jahr: die Profilaufbahn einschlagen. Auf tischtennis.de berichtet die aus einer Tischtennis-Familie stammende Gymnasiastin (Mutter Yunli ist ehemalige chinesische Nationalspielerin, Vater Ralf ist früherer Bundesligaspieler, Bruder Florian war Jugendnationalspieler und Deutscher Jugend-Meister) von ihrer Woche bei den German Open und ihren Zukunftsplänen.

Einschüchternde Dimensionen

Franziska Schreiner: „In Bremen waren es meine ersten German Open. Das Turnier ist viel größer als die Turniere des World Junior Circuit, die ich bisher gespielt habe, die World-Tour-Serie der Jugend. Größer waren wohl nur Jugend-Weltmeisterschaften, die Jugend-Euros und natürlich die Youth Olympic Games, an denen ich teilgenommen habe.

Es war ein tolles Gefühl, bei einem richtig großen Event dabei gewesen sein zu können. Die Halle eins ist schon extrem groß mit den vier Centercourts an den ersten beiden Hauptrundentagen. Die Dimension hat mich am Anfang ein bisschen eingeschüchtert. Außerdem sind alle Topleute hier. Sie trainieren an denselben Tischen wie ich selbst. Man kommt am Anfang aus dem Staunen nicht heraus.

Ich dachte, ich nehme den Stars den Platz weg

An einem Tag habe ich mit Sabine (Anmerkung: Sabine Winter) und sechs anderen an einem Tisch in der Trainingshalle gespielt. Neben uns waren Fan Zhendong und Lin Gaoyuan. Sie haben 30, 40 Ballwechsel gespielt und keinen Fehler gemacht. Sabine und ich haben „Aufschlag – frei“ gespielt und hatten nur drei Berührungen pro Ballwechsel. Da habe ich zwischendurch gedacht, dass ich den Stars den Platz wegnehme.

Zu acht am Tisch ist es natürlich nicht so effektiv wie zu viert oder alleine, aber jede Ballberührung ist besser als keine. Es ist verständlich, dass bei so einem Turnier alle trainieren wollen. Wir ja genauso.

Zweimal am Tag Training auf Topniveau

Nachdem ich in der ersten Runde ausgeschieden war, habe ich Yuan, Sabine und Nina (Anmerkung: Yuan Wan, Sabine Winter und Nina Mittelham) eingespielt, mit Peti (Petrissa Solja) und einer Singapurerin trainiert und ein paar Bälle mit Nana (Shan Xiaona) gemacht. Auch mit Gu Yuting aus China und Choi Hyo Joo habe ich trainiert. Ich kenne die beiden seit der Schülerzeit, als ich in der Provinz, aus der meine Mutter stammt, ein paar Mal trainiert habe. Choi spielt inzwischen für Südkorea. Im Schnitt habe ich zweimal am Tag auf Topniveau trainiert. So hatte ich mir das vorgestellt, als ich entschied, auf jeden Fall länger bei den German Open zu bleiben, auch wenn ich ausscheide. Ich bin froh, dass ich hiergeblieben bin, während fast alle anderen abgereist sind. Meine Mutter hat hier außerdem ihre Fortbildung als A-Lizenz-Trainerin gemacht. Es passte alles super.

Ich habe gegen eine der besten Abwehrspielerinnen der Welt verloren. Wenn man selbst spielt, wird einem klar, wie groß der Abstand zwischen den besten Jugendlichen und den Damen ist. Es ist aber auch gut zu sehen, wie gut man werden kann. Das ist ein Ansporn für den nächsten Schritt für mich. Es motiviert mich, dass zum Beispiel Nina so gefährlich für die Topspielerinnen ist; wenn man selbst sieht, dass es nur zwei, drei Punkte sind, die man schlechter ist.

Erst Abitur, dann Umzug nach Düsseldorf ans Deutsche Tischtennis-Zentrum

In zweieinhalb Wochen spiele ich die Belarus Open bei den Damen. Das ist kein Topturnier wie die German Open. Es gehört zur ITTF-Challenge-Serie. In diesem Jahr sind dann noch die Jugend-Weltmeisterschaften als letzter Höhepunkt.

Im nächsten Sommer mache ich das Abitur und ziehe dann nach Düsseldorf, um es als Profi zu versuchen. Die German Open haben mir noch einmal bewusst gemacht, dass ich Profi werden will. Der Lebensstil als Sportler ist für mich zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoller, als ohne Pause direkt zu studieren. Als Sportler lernt man viele Menschen kennen, reist um die Welt. Man trainiert und tut etwas für seinen Körper. Ich habe viele Leute, die mich unterstützen und sogar ein paar Fans. Das alles zusammen hat für mich den größeren Reiz als direkt weiter zu lernen. Wenn ich sehr gut werde, so dass es für mein Leben reicht und ich so lange auf hohem Niveau spielen kann wie zum Beispiel „Nana“, mache ich einfach immer weiter. Wenn ich keine Topspielerin werde, kann ich immer noch überlegen, ob ich studieren oder eine Ausbildung machen will.

Unterstützung von der Familie

Mein Bruder Florian hat es genauso gemacht. Er hat es zwei Jahre als Profi versucht und studiert jetzt. Natürlich hat man am Anfang Nachteile, weil man sich erst wieder ans Lernen gewöhnen muss. Aber es gibt an der Uni Menschen mit so vielen unterschiedlichen Biografien, dass man bestimmt nicht der einzige ist, der mit dem Studium nicht direkt nach der Schule begonnen hat. Florian hat seit dem zweiten Semester wieder richtig gute Noten. Man kommt schnell wieder rein.

Meine Eltern haben mir gesagt, dass sie mich bei allem unterstützen, wofür ich mich entscheide. Sie stehen voll hinter meiner Entscheidung, egal ob ich Tischtennisprofi werden will oder ein Studium absolviere.

Ein Zeitfenster, wie lange ich es als Profi probieren möchte, setze ich mir nicht. Das würde zu viel Druck aufbauen. Wo und wie ich in Düsseldorf im ersten Jahr wohnen werde, weiß ich noch nicht. Ein Jahr später ist dann meine Nationalteamkollegin Yuki Tsutsui mit dem Abitur fertig, und wir überlegen schon, ob wir eine WG gründen.“

Der Text ist auf der DTTB-Webseite www.tischtennis.de erschienen.

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