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Personal/Hintergrund  

„Habe zu oft in meiner Karriere über den Schmerz gespielt“

Kilian Ort im Interview

Voll fokussiert: Kilian Ort beim Aufschlag. Foto: Rudi Dümpert

Ausgesprochen fit im Kopf, physisch in der Vergangenheit aber leider ziemlich häufig angeschlagen: Kilian Ort, 24-jähriger Nationalspieler und Eigengewächs des unterfränkischen TTBL-Klubs TSV Bad Königshofen, spricht im BTTV-Interview über den bisherigen Saisonverlauf, das Thema Belastungssteuerung sowie seine Hoffnungen auf und für den Tischtennissport nach Corona.  

Du stehst mit dem TSV Bad Königshofen ein Spiel vor Ende der Vorrunde auf Rang 6 der TTBL-Tabelle und im Spielerranking mit einer Einzelbilanz von 6:2 auf Platz neun. Wie lautet dein Zwischenfazit, was Deine persönliche Performance und die Teamleistung in dieser Saison betrifft? 

Kilian Ort: Ich denke, dass wir mannschaftlich gesehen gut dastehen, hatten wir mit Mizuki Oikawa doch einen der besten Spieler der Liga zu ersetzen. Dabei hat es uns nicht geholfen, dass er uns seinen Wechselwunsch erst Ende März mitgeteilt hat und wir quasi nur drei Spieler unter Vertrag hatten. Der Verein hat mit Abdel- Kader Salifou dennoch einen guten Mann vom TSV überzeugen können. Über welches Potenzial er verfügt, hat er unter anderem im Heimspiel gegen Grünwettersbach unter Beweis stellen können. Darüber hinaus war es für uns sehr wichtig, dass Filip Zeljko einen großen Entwicklungsschritt genommen hat und spielerisch hinter unserem Kapitän Bastian Steger momentan unsere Nummer zwei ist. Mit meiner persönlichen Bilanz bin ich grundsätzlich zufrieden, da es in der TTBL keine einfachen Matches gibt. Allerdings halte ich wenig von dieser Spielerrangliste, weil sie nicht wirklich objektiv und somit nicht aussagekräftig ist. Es kommt nun mal auch darauf an wer einem gegenüber steht. Spielt man immer auf Position zwei gegen den gegnerischen Einser ist es schwieriger hoch positiv zu spielen, als wenn man sich immer aussuchen kann auf welcher Position man eingesetzt wird. Ich habe noch große Löcher in meinem Spiel, die es in naher Zukunft zu stopfen gilt. Wenn ich allerdings nichts mehr zu verbessern oder zu erlernen hätte, wäre meine Entwicklung bereits am Ende, weshalb ich froh darüber bin, noch an einigen Schrauben drehen zu können.  

Auf die Frage, was du aus 2020 gelernt hast, hast Du in unserem BTTV Rück- und Ausblick zum Jahreswechsel jüngst kurz und bündig geantwortet, dass weniger manchmal mehr ist. Kannst Du uns trotzdem etwas näher erklären, was Du damit gemeint hast?

Kilian Ort: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es empfehlenswert ist, viel und lange zu trainieren, da für unseren Sport viele Wiederholungen nötig sind. Dennoch ist es leider so, dass besonders junge Athleten oft nicht einschätzen können welche Umfänge für eine positive Leistungsentwicklung optimal sind und wann die Belastungen für Körper und Geist schlichtweg zu hoch sind. Ich habe zu oft in meiner Karriere über den Schmerz gespielt. Nun wäre es einfach zu sagen: „Wenn’s weh tut, hör auf!“ Viele derer, die selbst mal Hochleistungssport betrieben haben, können wahrscheinlich nachvollziehen wie schnell man als Jungspund diesen „falschen Ehrgeiz“ entwickeln kann. Langwierige Verletzungen und Wettkampfpausen fördern anschließend nicht wirklich die eigene Performance. Man benötigt somit genügend Trainer, die auf die individuelle Belastungssteuerung jedes Athleten achten, doch fehlen dafür die finanziellen Mittel. Nun werde ich langsam aber sicher auch älter und versuche deshalb andere Aspekte des Tischtennissports in mein Spiel zu integrieren und mich nicht verrückt zu machen, wenn ich die ein oder andere Einheit auslassen muss. Dabei hilft es mir sehr, mit Bastian Steger einen sehr erfahrenen Teamkollegen zu haben, der dem TSV Bad Königshofen nicht nur dank seiner unbestritten sportlichen Klasse weiterhilft, sondern uns Spielern auch ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit gibt.

Du hast Deine häufigen Verletzungen in der Vergangenheit angedeutet. Hand aufs Herz, kamen da gelegentlichen schon `mal Überlegungen in Richtung potentieller Alternativen zum reinen TT-Profitum auf?

Kilian Ort: Da kann ich mich kurz fassen: Ich habe noch einige Jahre vor, Tischtennis auf hohem Niveau zu betreiben.

Du bist nicht zuletzt durch Deinen Blog auf mytischtennis.de als Spieler bekannt, der sich auch über den persönlichen Tellerrand hinaus Gedanken über Strukturen und Entwicklung im TT-Sport macht. Das Zuschauerverbot zählt sicherlich nicht dazu, aber siehst Du vielleicht auch positive Begleiterscheinungen der bzw. in Antwort auf die Corona-Krise, bei denen Du dir keine Rückkehr zum Status quo ante wünschst? Oder allgemein formuliert: Welche Lehren kann/sollte der Tischtennissport Deines Erachtens aus der Corona-Krise ziehen?

Kilian Ort: Wenn man den normalen Deutschen auf der Straße fragen würde, welche Sportart „cool“ ist, würde er/sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit „Tischtennis“ antworten, obwohl wir Tischtennisspieler natürlich wissen wie viel Spaß dieser komplexe Sport machen kann. In Sachen Design und Präsentation der Matches hat unsere Sportart sicherlich noch Verbesserungspotenzial. Dem Unternehmen „World Table Tennis“, dem ich wegen anderer Punkte eigentlich skeptisch gegenüberstehe, ist es nun gelungen, bei deren erstem Event durch eine gute Aufmachung neue Akzente zu setzen. Dies ist in kleinerem Rahmen auch im Ligabetrieb, sofern er wieder „normal“ anläuft, realisierbar. Meiner Meinung nach könnten viele Athleten und Vereine unsere Sportart offensiver und stolzer nach außen tragen – da muss ich mich zum Teil auch an die eigene Nase fassen. Um ehrlich zu sein ist dies aber auch nicht Neues. 

Ich kann nur für mich sprechen und ich muss sagen, dass ich unsere treuen Fans in der Shakehands Arena sehr vermisse und kann mich der Hoffnung der Gesamtbevölkerung auf eine baldige Rückkehr zum Leben vor Corona, sofern es die Gesamtsituation zulässt, nur anschließen. Darüber hinaus hoffe ich, dass unsere Gesundheit gut geschützt wird und die Liebe zu unserer Lieblingssportart auch in harten Lockdowns nicht einrostet.

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