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Einzelsport Jugend  

"Dürfen jetzt nicht alles schönreden"

Zurück in München: Krisztina Toth schildert ihre Eindrücke von den U19-Bewerben der Nachwuchs-EM in Varazdin

Kriszi Toth war in Varazdin auch als Betreuerin für den DTTB im Einsatz. Foto: DTTB, Guido Schiefer

Mit dem Titelgewinn von Kay Stumper (TTC Neu-Ulm) im Jungen-Einzel sind gestern Abend die U19-Bewerbe der Nachwuchs-Europameisterschaften im kroatischen Varazdin zu Ende gegangen (wir haben berichtet). BTTV-Verbandstrainerin und Leistungssportreferentin Krisztina Toth war seit Montag vor Ort und hat sich - teils als Beobachterin auf der Tribüne, teils als Betreuerin - ein Bild vom bayerischen, deutschen und europäischen Nachwuchs gemacht. Seit heute früh um 5 Uhr ist Toth wieder zurück in München. Nur wenige Stunden später sprach sie mit bttv.de über …

… den EM-Titel von Kay Stumper vom TTC Neu-Ulm:

Was Kay angeht, wollen wir uns als BTTV natürlich nicht mit fremden Federn schmücken. Er spielt jetzt zwar bei einem bayerischen Verein, doch als Verband hatten und haben wir an seiner Entwicklung keinen Anteil. Trotzdem freuen wir uns natürlich sehr für und mit ihm. Er hat sich bei diesem Turnier von Beginn an wohl gefühlt und mit attraktivem Stil überragend gespielt. Man hat zu jedem Zeitpunkt gespürt, dass er seine Nachwuchskarriere mit diesem Titel krönen will. Dieses Ziel hatte er immer vor Augen, hat gleichzeitig aber auch von Spiel zu Spiel gedacht und Runde für Runde an diesem Ziel gearbeitet. Das Finale wurde von beiden Seiten auf ganz hohem Niveau geführt und war super schön anzuschauen.

… die EM-Auftritte der bayerischen „Originale“ im DTTB-Aufgebot der Jungen:

Wir Trainer kennen unsere Spieler natürlich gut und wissen, was sie aktuell zu leisten in der Lage sind. Daran gemessen können wir aus bayerischer Sicht mit dem EM-Auftritt v.a. bei den Jungs zufrieden sein. Daniel Rinderer hat insgesamt gut und stabil gespielt. Dass er mit Kay die Bronzemedaille im Doppel gewonnen hat, war zum Abschied aus der Jugend super schön für ihn. Hannes Hörmann war für mich die positive Überraschung in Varazdin. Bei ihm wussten wir am wenigsten, wo er momentan steht, da er eineinhalb Jahre so gut wie keinen Wettkampf bestritten hat. Er ist mit so viel Freude aufgetreten und hat seine Nominierung und seine Einsätze als Stammkraft im Team vollauf gerechtfertigt. Hannes hat in allen Bewerben teilweise sensationell gespielt und ist richtig über sich hinausgewachsen. Das gilt nicht zuletzt für das Doppel mit Tom Schweiger, wobei hier aber auch Tom unglaublich gut war. Zusammen brachten sie die späteren Meister aus Polen im Achtelfinale an den Rand einer Niederlage. Tom hatte im Team nur wenige Einsätze und im Einzel das Pech, eine schwere Gruppe zu erwischen, aus der er nicht herauskam. Aber er ist noch jung, kann und muss noch viel lernen. Er war schon happy  überhaupt dabei sein zu dürfen. Tom gehört zu den Spielern, die in den nächsten Jahren einen großen Sprung machen können. Wenn er weiter so an sich arbeitet, kann er ein ganz Großer werden.

… die EM-Leistung von Naomi Pranjkovic und das kuriose Doppel mit der Moldawierin Camelia Merenco:

Bei Naomi habe ich ein bisschen das Gefühl, dass die EM nicht ganz so gelaufen ist, wie sie es sich vorgestellt und erhofft hatte. Im Team hatte man schon ein bisschen mit einer deutschen Medaille geliebäugelt, doch daraus wurde nichts. Bitter war aber vor allem das Zweitrunden-Aus im Einzel gegen die Italienerin Jamila Laurenti, die tischnah mit Antitop agiert. Naomi hat zuvor noch nie gegen Laurenti gespielt und hatte mit deren Spielsystem große Probleme. Sie weiß aber, woran sie generell arbeiten muss und ab August werden wir diese Arbeit fortsetzen. Das Doppel war bei Naomi eine ganz kuriose Geschichte. Ihre ursprüngliche Doppelpartnerin, die Russin Vlada Voronina, wurde positiv auf das Coronavirus getestet und fiel aus. Deswegen gab es keine andere Möglichkeit, als kurzfristig mit einer Spielerin zu spielen, die zunächst „übrig“ geblieben war. So kam die Kombination mit Camelia Merenco aus Moldawien zustande. Merenco ist erst 15 Jahre alt und gehört noch der Altersklasse U15 an. Weil es sich ihr Verband finanziell aber nicht leisten konnte, sowohl bei den U19 als auch den U15 vertreten zu sein, trat Merenco bei den älteren Mädchen an. Dass Naomi und Merenco das Viertfinale erreichen würden und auch dort ein gutes Spiel gegen die spätere Europameisterinnen machen würde, war absolut nicht zu erwarten und echt stark. Eigentlich sollte Merenco auch schon vor dem Viertelfinale abreisen. Der Heimflug war entsprechend gebucht und es sah zwischenzeitlich so aus, als könnten die beiden nicht zum Viertelfinale antreten. Doch der DTTB reagierte schnell und griff der Moldawierin und ihrem Trainer bei der Buchung neuer Flugtickets und einer weiteren Übernachtung finanziell unter die Arme.

… über den Stand des DTTB-Nachwuchses im europäischen Vergleich im Allgemeinen

Die drei deutschen Medaillen insbesondere der Titel von Kay, aber auch der Vizetitel des Mädchen-Doppels Anastasia Bondareva/Sophia Klee sowie die Bronzemedaille von Kay und Daniel im Jungen-Doppel waren natürlich eine schöne Sache zum Abschluss der U19-Bewerbe, sollten aber nicht dazu führen, dass wir jetzt alles schönreden. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns eingestehen, dass wir insgesamt als Team Deutschland in vielen Bereich im Vergleich zu anderen Nationen nicht gut waren. Wir müssen uns auf allen Ebenen mit den qualitative Schwächen, die wir gesehen haben, beschäftigen und uns gemeinsam überlegen, wie wir ihnen begegnen wollen und können.

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