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Personal/Hintergrund  

Traum geht in Erfüllung

Interview: Kolbermoorer Michael Fuchs unterstützt deutsches Para-Team in Tokio als Video-Analyst

Michael Fuchs beim Coaching in Kolbermoor (Foto: Erik Thomas)

Michael Fuchs ist Sportwissenschaftler, A-Lizenz-Trainer, Chefcoach des Damen-Bundesligisten SV DJK Kolbermoor und zudem Co-Bundestrainer Analyse im Deutschen Behindertensportverband (DBS). In der letztgenannten Funktion wird der 33-Jährige zu den Paralympics nach Tokio reisen. Für ihn geht ein Traum in Erfüllung.

Herzlichen Glückwunsch zu deiner Tokio-Nominierung. Du warst im Vorfeld eher pessimistisch gewesen …
Michael Fuchs:
Tatsächlich kam meine Nominierung für mich, aber auch für alle anderen etwas überraschend. Wir haben acht Athleten in Tokio am Start und nun mit insgesamt sechs Personen einen sehr guten Betreuer-Schlüssel. Ich bin neben vier Trainern und einer Physiotherapeutin dabei. Unser Cheftrainer hatte den Vorschlag mit den Betreuern der Nominierungskommission unterbreitet und letztendlich wurden tatsächlich alle nominiert.

Was sind deine Aufgaben in Tokio?

Fuchs:
Ich werde (wie auch bei allen Turnieren der letzten Jahre) als Videoanalyst im Einsatz sein. Man muss sehen, dass wir praktisch zwei Jahre keinen Wettkampf hatten, sodass es von den Athleten der anderen Nationen kein aktuelles Material gibt. Daher werde ich vor Ort Analysen der jeweiligen Gegner vornehmen. Im Normalfall werde ich nicht an der Bande betreuen, bin aber als Backup zur Stelle, falls es zeitliche Überschneidungen gibt. Unsere Athleten haben aber grundsätzlich ihre angestammten Trainer dabei.

Wie sieht solch eine Video-Analyse aus?
Fuchs:
Die Vorbereitungen auf die Paralympics laufen ja schon mehrere Monate. Wir wissen, welche Athleten in den einzelnen Klassen dabei sind und haben über die letzten Jahre eine Datenbank aus Video-Material aufgebaut. Dieses Material zu den einzelnen Gegnern werte ich aus und erstelle ein Spielerprofil mit den jeweiligen Stärken und Schwächen und erarbeite mögliche Taktiken für unsere Spieler – ein Art Matchplan, z.B. für die Platzierung & Rotation des Aufschlags, Rückschlagplatzierungen, aber auch welche Seite generell die schwächere ist usw. Gemeinsam mit dem Trainer und häufig auch dem Spieler werden solche Dinge dann im Vorfeld besprochen. Manche Spieler wollen erst kurz vor dem Spiel ein paar taktische Sachen gesagt bekommen, andere wiederum möchten schon im Vorfeld länger darüber diskutieren und auch den Matchplan noch verfeinern. Das ist von Spieler zu Spieler sehr individuell. Vor Ort werde ich diese Spielerprofile dann eben aktualisieren und den Matchplan gegebenenfalls anpassen.

Wo wirst du untergebracht sein?

Fuchs:
Wir werden im Betreuerstab ein Apartment im Paralympischen Dorf beziehen, vermute ich. 

Wie sieht der Fahrplan bis zu den Spielen aus?
Fuchs:
Bis zum Sonntag hatten wir noch unseren Abschlusslehrgang in Düsseldorf. Danach sind die Spieler nochmal nach Hause gefahren, um zu regenerieren und Frische zu tanken. Stand jetzt fliegen wir am 17. August alle gemeinsam von Frankfurt aus nach Tokio. Und weil die Tischtennis-Wettbewerbe (Einzel und Mannschaft) über den gesamten Paralympics-Zeitraum gehen, werden wir wohl auch erst am 5./6. September zurückfliegen.

Inwieweit konntet ihr von den aktuellen Erfahrungen der Olympia-Starter profitieren, gerade was die Sicherheitsvorkehrungen angeht.

Fuchs:
Wir wissen ziemlich genau, was auf uns zukommt. Es wird sehr ähnlich oder sogar exakt so laufen wie bei den Olympia-Startern. 96 und dann noch mal 72 Stunden vor dem Abflug müssen wir einen PCR-Test machen - hier muss auch eine spezielle Bescheinigung von der japanischen Regierung ausgestellt werden. Vor Ort bzw. zur Einreise müssen wir zwei Apps benutzen,  in der wir unsere Testergebnisse eintragen müssen bzw. wir in Tokyo getrackt werden, ähnlich der Corona-Warn App. Vor Ort werden wir wohl jeden Tag einen Spucktest machen müssen.

Wie groß sind deine Sorgen, angesteckt zu werden?

Fuchs:
Gedanken macht man sich schon, denn es kann immer mal passieren. Wir sind allerdings alle durchgeimpft und deshalb gut geschützt vor schweren Verläufen. Aber dennoch kann es natürlich zu Ansteckungen bzw. positiven Tests kommen,  zumal wir gehört haben, dass die Tests in Japan noch genauer sein sollen und ggf. schon bei geringer Viruslast positiv sind.

Kritische Orte sind das Flugzeug, der Transport vor Ort und auch die große Essenshalle, weil man da viele unkontrollierbare Variablen hat. Wir haben intern ein gutes Hygienekonzept und werden sehr vorsichtig agieren, wie wir das in den vergangenen Monaten aber auch schon immer bei eigenen Lehrgängen getan haben. Wir sind gewappnet.

Corona trübt aber nicht deine Vorfreude, oder?

Fuchs:
Nein, die Vorfreude ist schon sehr groß, auch wenn vorher noch viel zu erledigen ist und bis zum Abflug kaum freie Zeit herrscht. Und wir sind sehr zuversichtlich. Alle Spieler sind gut drauf, ich denke, wir haben gute Chancen auf die eine oder andere Medaille - am besten natürlich die goldene :)

Gruppenfoto mit dem Paralympics-Team 2021: Michael Fuchs ganz oben rechts (Foto: MaJo-Foto)

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