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Timo Boll gewinnt den Kampf der Giganten

TTBL: TSV Bad Königshofen – Borussia Düsseldorf 1:3 Ohne zwei Drittel der Stammbesetzung, ohne den verletzten Kilian Ort und den zu Qualifikations-Verpflichtungen in Japan weilenden Mizuki Oikawa, gegen den deutschen Rekordmeister ...

TTBL 

TSV Bad Königshofen – Borussia Düsseldorf 1:3  

Ohne zwei Drittel der Stammbesetzung, ohne den verletzten Kilian Ort und den zu Qualifikations-Verpflichtungen in Japan weilenden Mizuki Oikawa, gegen den deutschen Rekordmeister Borussia Düsseldorf, mit Timo Boll: Was war da wohl zu erwarten vom TSV Bad Königshofen? Bloß die vielen Fans nicht enttäuschen, war das oberste Ziel. Und so viel vorweg: Es dürfte, trotz der Niederlage, kaum einer die ausverkaufte Halle enttäuscht verlassen haben nach zweieinhalb Stunden Tischtennis-Sport vom Feinsten. Allein den Mega-Star Timo Boll live erlebt zu haben, war den Eintritt wert. Dass Jochen Breyer vom Aktuellen Sportstudio als Co-Moderator die Shakehands-Arena kurzerhand umtaufte, „Herzlich willkommen im ZDF-Aktuellen Tischtennis-Studio“, war eher eine zum Schmunzeln einladende Beigabe. Zwischendurch ergänzte er: „Hier ist mehr Stimmung als vor 74000 Zuschauern in der Allianz-Arena.“

Was dann allerdings der TSV-Leader Bastian Steger gegen den Nationalspieler Anton Källberg auf den Tisch zauberte und seine Mannschaft mit 1:0 in Führung brachte, das brachte ihm die ersten Standing Ovations ein. Nur im dritten Satz bekam er etwas Probleme gegen den zuletzt stark aufspielenden Schweden. In den drei anderen hatte der alte Fuchs gegen den Jungfuchs die Nase klar vorn. Im zweiten Spiel musste Koudai Hiraya, den der japanische Sponsor Akihiko Kotani mit eingeflogen hatte, als Oikawa-Ersatz in die Opferrolle gegen Timo Boll. Er ist der fünfte und letztmögliche Inhaber einer TTBL-Lizenz, somit die einzige Möglichkeit, mit drei gesunden Spielern anzutreten.

Doch Hiraya spielt zwar in Kotanis TT-Lehrfilmen den Abwehrspieler, ansonsten aber in keiner Liga dieser Welt regelmäßig Wettkampfsport. Dann mit dem Jetlag im Körper und ausgerechnet gegen Boll, dem der Ruf vorauseilt, über die besten Mittel der Welt gegen Abwehrspezialisten zu verfügen. Der erste Satz glich einer Abfuhr. Im zweiten und dritten wehrte er sich tapfer, lieferte einige bemerkenswerte Ballwechsel. Die Zuschauer taten sich aber schwer, sich so richtig hinter ihn zu stellen. Da fehlte die Augenhöhe. 1:1 zur Pause.

Jetzt lag es am zweiten TSV-Ersatzmann Filip Zeljko, längst zum Publikumsliebling wegen seiner kämpferischen Spielweise avanciert, endlich einmal nicht nur bis zum Ende des fünften Satzes mitzuhalten, sondern ihn auch zu gewinnen. Sein Gegner: Der aktuelle Nationalspieler Ricardo Walther, Neuzugang bei bzw. Rückkehrer zur Borussia. Im ersten Satz noch nicht, aber im zweiten demonstrierte Zeljko seine ansteigende Form und Weiterentwicklung im kroatischen Leistungszentrum – und seine Fairness: Bei 10:8-Führung korrigierte er die beiden Tischschiedsrichter, die die winzige Kantenberührung des Balls am Tisch ebenso wenig wie Källberg sehen konnten, gab statt 11:8 zum 10:9 den Punkt an seinen Gegner – und holte sich den nächsten zum 11:9.

Danach geriet sein dritter Satz zum leider obligatorischen Absacker, der ihn aber nicht von der Rolle brachte. Ob er das „Steh auf, wenn du am Boden bist“ der Toten Hosen aus den Boxen vor dem vierten Satz verstand? Er wehrte einen Matchball ab, gewann 12:10 und zwang Walther tatsächlich in den fünften.  Die Halle bebte, Hallensprecher Jürgen Halbig schürte zusätzlich an: „Was wird denn das auf der nach oben offenen Richterskala, wenn der Filip jetzt noch gewinnt?“ Er ging sogar mit einer 3:0-Führung in den fünften Satz. Sponsor Kotani stülpte aus Sympathie ein T-Shirt der Ping-Pong-Ultras über, „in der Farbe des ZDF“, wie Jochen Breyer bemerkte. Das war während des Timeout des Borussia-Trainers Danny Heister. Walther kam zurück drehte den Rückstand zu einer  6:3-Führung, die er bis zum 11:8 durchzog – 1:2 für Düsseldorf.

„Jetzt kommt die Kür“, kündigte Halbig das Schaulaufen der beiden 38-jährigen, nur elf Tage voneinander getrennten Team-Olympia-Medaillengewinner an. Breyer sprach vom „Kampf der Giganten.“ Der Jüngere, Basti Steger, gewann doch tatsächlich den ersten Satz nach ständigen Führungen mit 11:8. Schon jetzt erhoben sich die Fans von den Plätzen: Ihr Dankeschön für eine herausragende Vorstellung beider. Im zweiten Satz schlug das Imperium zurück, wurde Basti von Meister Timo abgestraft – 1:11. Der dritte und vierte Satz brachten vielleicht das beste Tischtennis, was zwei deutsche Spieler in dieser Halle jemals gegeneinander zeigten, mit Ballwechseln zum Zunge-Schnalzen. Halbig: „So schaut´s aus, wenn zwei Sportler am TT-Olymp anklopfen.“ Aber auch zwei Mal 9:11 gegen Steger, für Boll, für Borussias 3:1-Sieg. Die Fans indes trauerten nicht, sondern feierten den Sport und die Sportler mit „Timo-Timo“- und „Basti-Basti“-Rufen.

 

TSV Bad Königshofen – Borussia Düsseldorf 1:3

Steger – Källberg                    3:1
(11:4/11:10/8:11/11:7)

Hiraya – Boll                          0:3
(0:11/6:11/7:11)

Zeljko – Walther                     2:3
(8:11/11:9/5:11/12:10/8:11)

Steger – Boll                           1:3
(11:8/1:11/9:11/9:11)

Oberschiedsrichter: Vogt

Zuschauer: 871 (ausverkauft)

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