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Einzelsport Jugend  

Zehn dabei, sieben weiter, zweimal Zweiter

Unterfranken-Nord auf dem bayerischen Top-14-Turnier der Jugend 15 und 11 in Burgau

„Kapital“ des Tischtennisbezirks Unterfranken Nord:erfolgreicher Spitzennachwuchs ©Thomas Tempcke

Der Sommer ist vorbei. Für Tischtennisspieler wird das nicht nur an den klimatischen Verhältnissen spürbar oder an der wehmütigen Erinnerung an den zurückliegenden Urlaub, sondern vor allem daran, dass die neue Mannschaftsspielsaison beginnt. Für einen anspruchsvollen Einstieg in die Teamwettkämpfe könnten drei vorgeschaltete hochklassige Verbandsranglistenturniere sorgen. Während die Top-14-Turniere der Jugend diese Funktion erfüllen, läuft die Einzelwettkampfkultur der Erwachsenen zumindest in den Flächenregionen des Verbands Gefahr, sich rückstandslos aufzulösen.

Marginal aktive „Aktiven“-Elite
Die Damen und Herren, für die es keine Bezirksranglistenturniere mehr gibt, sind im mittelfränkischen Schwabach am Sonntag, 15. September mit dem Verbandsbereichsranglistenturnier Bayern-Nordwest in die Einzelwettkämpfe eingestiegen. Welche Strahlkraft dieses neu limitierte Wettkampfformat auf die vier Nordwestbezirke hatte, lässt sich an den Teilnehmerzahlen ablesen. Der Veranstalter musste keine Dame und keinen Herrn wegen Überfüllung abweisen und hätte nicht der bayerische Tischtennisverband eine Pauschalvergütung für den Durchführer von Erwachsenenturnieren beschlossen, müsste einem der TV Schwabach leidtun. 32 Herren mit einem QTTR über 1500 waren zugelassen, neun von 1.100 in der myTischtennis-Datenbank gelisteten „Eliteherren“ (das sind 8 Promille) des Verbandsbereiches (Jg. 2001 und älter) fanden es reizvoll, um die Qualifikation für das bayerische Topranglistenturnier zu spielen (die wenigen persönlich Qualifizierten fallen bei dieser Betrachtung nicht ins Gewicht). Immerhin drei von ihnen kamen aus Unterfranken-Nord. Jochen Hein wurde Sechster, gefolgt von Tim Hein (beide TSV Arnshausen) auf dem siebten Platz und Alexander Ullrich (SV Ramsthal), der Neunter wurde. Noch desolater war die Lage bei den Damen. Zugelassen waren 16 Damen mit einem Mindest-QTTR von 1251, auf die Bayerische wollten nur fünf von 231, drei vom Bundesligisten TV Hofstetten, die das Ziel erreichten, und zwei vom Durchführer TV Schwabach. Statistisch betrachtet war die Teilnehmerinnenrate von 2 Prozent bei den Damen natürlich deutlich höher als bei den Herren. Das ist allerdings kein wirklicher Trost für einen deprimierenden Zustand, der nach kreativen Ideen geradezu schreit, zumindest wenn sich dieser Trend in den nächsten beiden Jahren fortsetzt.

Aktive Nachwuchselite
An Spielermangel litt das Top-14-Turnier der Jugend 15 und 11 nicht, das der TSG Thannhausen am Samstag, 14. und Sonntag 15. September im schwäbischen Burgau durchführte. Nur ein Junge der Altersklasse Jugend 11 fehlte. Er hatte trotz des ausgeklügelten Nachrückersystems nicht mehr kurzfristig ersetzt werden können. Deshalb standen sich bei Jungen 11 nur dreizehn im System „Jeder gegen Jeden“ gegenüber, in den Altersklassen Mädchen 11, Mädchen 15 und Jungen 15 waren es vierzehn. Schon die Qualifikationsturniere waren gut besetzt gewesen. Um ihren Platz auf der nordbayerischen Rangliste hatten 53 Jugend­spie­ler/­in­nen der Jahrgänge 2005 und jünger gekämpft, im Verbandbereich Bayern-Nordwest waren 54 am Start.

Unterfranken-Nord in Burgau stark
Noch ist also die bayerische Tischtennisjugend nicht in die negative Turnierarithmetik der Erwachsenen eingetaucht und was die spielerischen Leistungen angeht, kann sie ohnehin problemlos mithalten. Dass es für den Nachwuchs um viel ging, war an der Leidenschaft ablesbar, mit der die Partien in der Burgauer Dreifachturnhalle gespielt wurden. Dabei brachte der Bezirk Unterfranken-Nord nicht nur die meisten Teilnehmer ein (10 von 55), sondern nahm am Ende auch die meisten Qualifikationsplätze für die bayerischen Meisterschaften in Ansbach mit (7 von 24). Das Paradoxon, dass der nördlichste Tischtennisbezirk Bayerns mitunter die geringsten Nachwuchszahlen in Bayern, zumindest im Verbandsbereich Nordwest ausweist und im Leistungsbereich doch so erfolgreich ist, löst eine einfache Formel auf: Bad Königshofen plus. So wie viele Jahre lang der Status Deutschlands im Welttischtennis durch die Formel „Boll plus“ bestimmt wurde, garantiert der TTBL-Tabellenführer aus dem Grab­feld seinem Spielbezirk zurzeit die Dauerpräsenz auf den regionalen und nationalen Nachwuchs-Spitzenwettkämpfen. Dabei liegt der Fokus auf der „goldenen Generation“ 2005-2006 und auf der Tischtennisfamilie Itagaki.

Jungen 15: Alle fünf weiter!
In Burgau fehlten dem älteren Akito (Jg. 2005) nach 13 Spielen bei Punkt- und Satzgleichheit 28 Bälle zum Turniersieg. Trotz eines Viersatzsieges im direkten Vergleich musste er seinem Dauerrivalen Lorenz Schäfer vom TTC Kist (Ufr-Süd) infolge einer Niederlage gegen Vereinskollegen Jakob Schäfer das Siegerpodest überlassen. Letzterer wiederum zeigte in der Altersklasse Jungen 15 die auffälligste Turnierleistung und bestätigte mit nur zwei Niederlagen gegen Vereinskollegen Max Keller und Namenskollegen Lorenz Schäfer seine anhaltend gute Form. Der Lohn war der 3. Platz auf dem Treppchen und die persönliche Qualifikation für die bayerische Meisterschaft. In den Kreis der acht persönlich Qualifizierten schafften es außerdem Max Keller (4. Platz, 10 Siege, 3 Niederlagen), Konrad Haase (6. Platz, 8:5) vom TSV Brendlorenzen und Alexander Krebs (8. Platz, 6:7) ebenfalls vom TSV Bad Königshofen. Alle fünf angetretenen Top-14-Spieler der Altersklasse erreichten die bayerische Meisterschaft auf direktem Weg.

Jungen 11: Turniersieg knapp verfehlt!
In der Altersklasse Jungen 11 erging es dem jüngeren Kazuto Itagaki ähnlich wie seinem älteren Bruder. Allerdings war es bei ihm nicht ganz so knapp. Vom Siegerpodest trennten ihn vier Sätze. Dort stellte sich Jonas Rinderer vom TV Ruhmannsfelden auf, den Kazuto in einem dramatischen Fünf-Satz-Match geschlagen hatte. Den Unterschied machte der samstägliche Viersatzausrutscher gegen Leonard Antusch vom FC Hösbach. Der zweite Bezirksvertreter Lukas Krönert von der DJK Gänheim belegte mit 5 Siegen und 7 Niederlagen den 9. Platz und fiel damit vier Plätze hinter sein QTTR-Ranking zurück. Er zeigte vor dem Turnier zu großen Respekt und hatte mit seiner schüchternen Spielweise gegen stärkere und auch gleichstarke Gegner keine Chance. In Unterfranken-Nord bleiibt er jedoch die Nummer zwei.

Mädchen 15: Koharu schiebt sich vor
Eigentlich gehört Kazutos Zwillingsschwester Koharu Itagaki zur Altersklasse Mädchen 11. Dort wäre die deutsche Minimeisterin des Jahres 2018 jedoch deutlich unterfordert. In Burgau war sie zwei Altersklassen höher die einzige Bezirksvertreterin und erspielte sich bei den Mädchen 15 mit nur 4 Niederlagen einen hervorragenden 5. Platz und die persönliche Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft. In ihren 11 Siegspielen gab sie nur einen einzigen Satz ab. Mit der gezeigten Leistung unterstrich sie, dass sie schnurstracks unterwegs zu einem Spitzenplatz im deutschen Mädchen- und Frauentischtennis ist.

Mädchen 11: Zwei von fünf dabei
Gerade mal fünf Mädchen der Jahrgänge 2009 und jünger weist die myTischtennis-Datenbank für den Bezirk Unterfranken-Nord aus. Die Beste von ihnen steht in Deutschland auf Rang zwei und kam in Burgau zwei Altersklassen höher weiter. Die zweitbeste ist Klara Tempcke, ebenfalls vom TSV Bad Königshofen. Ihrer japanischen Vereinskollegin war sie bei den Tischtennis-Minimeisterschaften zumindest bis auf die Verbandsebene nachgefolgt und im Mai 2019 bayerische Minimeisterin geworden. In Burgau erreichte sie mit 5 Siegen und 8 Niederlagen in der Altersklasse Mädchen 11 einen leistungsgerechten 8. Platz. Deutlich schwerer war das Turnier für Neuling Amelie Hofstetter vom TV/DJK Hammelburg, die zwar Letzte wurde, jedoch trotz 11 deutlicher Niederlagen nicht völlig chancenlos war. Das zeigte sich in den beiden einzigen Fünfsatzspielen. Eines verlor sie, eines nahm sie siegreich als tröstende Erinnerung mit nach Hause.

Eine glänzende Bilanz … und gar nicht rosige Aussichten
Erneut hat Unterfranken-Nord auf einem bayerischen Top-Nachwuchsturnier unter Bayerns Bezirken einen Spitzenplatz eingenommen. Zwar gab es keine Titel, jedoch zwei hauchdünne 2. Plätze und die mit Abstand größte Zahl an persönlich Qualifizierten für die bayerischen Meisterschaften in Ansbach. Dazu sind die jugendlichen Talente unumwunden zu beglückwünschen.
Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem 3.500 Quadratkilometer großen Flächenbezirk mit einer der geringsten Nachwuchszahlen Bayerns im Spitzensport mittelfristig der Fall in die Bedeutungslosigkeit droht. Die „goldene Generation“ wird die Bezirksrepräsentanz an Bayerns Spitze noch drei bis vier Jahre aufrecht erhalten. Die Itagaki-Zwillinge werden in Deutschlands Spitze vorstoßen. Was aber passiert um sie herum? Die Position von Unterfranken-Nord im Nachwuchsspitzensport hängt mittelfristig am seidenen Faden. Wird es dem Topverein TSV Bad Königshofen gelingen, weiterhin überregionale Strahlkraft für junge Tischtennistalente (und deren Eltern) zu entfalten? Wird es den übrigen 92 Vereinen des Bezirks gelingen, eine ausreichend breite Nachwuchsbasis zu erhalten bzw. aufzubauen und aus dieser Talente mit System soweit herauszuentwickeln, dass sie von den Verbandtrainern überhaupt wahrgenommen werden? Nach letzterem sieht es zur Zeit nicht aus. Denn es sind nicht allzu viele Vereine dazu in der Lage. Die meisten Jugendleiter sind schon glücklich darüber - und das zurecht, wenn sie für ihre Jugendlichen und Kinder einen halbwegs geordneten Trainings- und Spielbetrieb organisieren können. Ohne die Unterstützung des Bezirks, d.h. des bayerischen Tischtennisverbandes auch für die „Leistungs-Meta-Ebene“ unmittelbar oberhalb der Vereine wird der Spitzensport im Bezirk über kurz oder lang „zerbröseln“. Und es steht zu befürchten, dass es anderen bayerischen Flächenbezirken ähnlich ergeht. Möglicherweise ist das ja schon im Gange.

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