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Neues aus den Vereinen  

Am Rand eines tiefen Lochs

Der TSV Bad Königshofen zieht sich nach 0:2-Rückstand in Grenzau noch am eigenen Schopf aus dem Sumpf

1. Bundesliga Herren

TTC Zugbrücke Grenzau – TSV Bad Königshofen 2:3

Am ersten Spieltag der Saison hatte der TSV Bad Königshofen diesen Gegner noch mit 3:0 Spielen und 9:0 Sätzen aus der Shakehands-Arena gefegt. Am ersten Advent hatte der TTC Grenzau, inzwischen bei 0:22 Punkten angekommen, dieses Spiel allem Anschein nach zum Spiel der Ehre erklärt. Hut ab vor dieser Mannschaft, wie die sich in dieser schier aussichtslosen Situation präsentierte: Eine aus jungen Männern aus Dänemark, Griechenland, Rumänien und den USA bestehende Gruppe, die Herz und Leidenschaft mit an den Tisch und die Gäste in Verlegenheit brachte. Für sie sprach, dass sie nichts zu verlieren, vielleicht den Kopf freier hatten und das machten sie ausgezeichnet. Dass sie bisher alles, bloß ihren Teamgeist nicht verloren hatten, zeigte sich u.a. daran, dass alle Spieler und Betreuer sich ins Coaching einbrachten. Der Amerikaner Kanak Jha, am Vortag noch in China bei einem Weltcup-Turnier gegen Hugo Calderano 3:4 ausgeschieden, wurde zwar wegen Jetlags geschont, spielte aber den Sparringspartner beim Einspielen seiner Kameraden.

Doch was ist aus dieser TSV-Mannschaft geworden? Wieder einmal vergab der Kilian-Ort-Ersatz Filip Zeljko eine Chance, Andy Albert und dem TSV Argumente für eine Weiter-Verpflichtung zu liefern. Freilich musste man damit rechnen, dass er gegen den bisher erfolgreichsten Grenzauer, den Dänen Anders Lind (3:8-Bilanz) zum neunten Mal in seinem neunten Einzel leer ausgehen würde. Aber gegen wen, wenn nicht hier, wollte er gewinnen? Doch dann nahm das Spiel einen bekannten Lauf: Er verlor den ersten Satz, unglücklich nach eigenem Satzball, 11:13, gewann den zweiten und lief in den folgenden großen Anfangs-Rückständen vergeblich hinterher – 1:0 für Grenzau.

Das würde ein Mizuki Oikawa in Normalform doch zurecht rücken? Der 19-jährige Grieche Sgouropoulos trat mit 0:8-Bilanz an den Tisch, hatte noch nie ein Bundesliga-Spiel gewonnen und war im Hinspiel von Oikawa (0:3) versohlt worden. Der zeigte eingangs sehr schnell, wer der Bessere ist, führte immer bis 9:8 und überließ zunehmend der starken Rückhand des jungen Griechen das Diktat des Spiels. Meistens dann, wenn der ihn beim Umlaufen seiner eigenen Rückhand in der langen Vorhand überraschte. 10:12 verlor Oikawa noch, meldete sich aber mit 11:1 im zweiten Satz zurück. Alles im Lot oder doch zurück in die Schieflage? Der kleine Japaner spielte phasenweise wie im Jetlag, nur ohne Jet. Die größere Vielfalt an Varianten, besonders beim Aufschlag und Rückschlag, sprach immer mehr für den Griechen. Der spielte sich in einen Rausch und zu seinem ersten Sieg in der Bundesliga – 2:0 für Grenzau, und der TSV am Rande der Blamage.

Doch nach der Pause sollte sich die individuelle Qualität der Gäste doch durchsetzen. Deren Leitwolf Bastian Steger war aber in einer ganz heiklen Druck-Situation. So hatte sich der Vorzeige-Athlet den Saisonverlauf im Allgemeinen und diesen Spielverlauf im Besonderen nicht vorgestellt. Wie würde Mister Zuverlässig mit Vor- und Teamplayer mit Nachname mit dieser Situation umgehen: Als auch einmal emotional verletzlicher Mensch oder als Gefühle beherrschender Profi? Konnte er den Hoffnungen der Gäste neuen Odem einhauchen? Er hauchte, und wie! Fünf Sätze lang gegen Mihai Bobocica, der sich wehrte bis zum 9:11 im letzten Satz, zwei Satzrückstände egalisierte und sich hinten raus doch dem coolen Basti beugen musste. Das Halali zur Aufholjagd war geblasen – nur noch 2:1 für den TTC.

Jetzt stand Oikawa in der Pflicht. Natürlich war alles längst Kopfsache, die sich auch in der Körpersprache niederschlug. Würde Mizuki den Königshöfern die größte Enttäuschung in den viereinhalb Jahren im TSV-Trikot ersparen können? Er konnte, aber auch er musste einen sehr schweren, steilen Weg über fünf Sätze gehen. Er gewann im Duell der Einser gegen Anders Lind den ersten und dritten Satz, verlor den zweiten und vierten und erzwang das Glück im fünften, bei dem er bei 7:7 am Rand eines tiefen Lochs stand, mit 11:8. Und übergab Gedeih und Verderb an das Entscheidungs-Doppel. Die Mannschaft hatte sich am Schopf von Bastian Steger ein Stück aus dem Sumpf gezogen, Oikawa das nächste Stück geliefert und den Rest erledigten Steger/Zeljko – was bei dieser Nervenschlacht so selbstverständlich auch nicht war. Ihr klares 3:0 war reine Nervensache. In allen drei Sätzen ließen die Gastgeber nicht locker. Doch Steger spielte wie Steger und Zeljko mit Basti an der Seite viel besser als Zeljko im Einzel. Zwei Satzbälle waren nötig im ersten Satz (12:10), gar fünf im zweiten (13:11) nach 10:7. Nur im dritten setzten sie sich von 8:8 zum 11:8 ab – und raus aus dem Sumpf, raus aus der Blamage, raus aus der Angst um den Klassenerhalt.      

 

 

Ergebnisse:

Anders Lind – Filip Zeljko                            3:1

(13:11/8:11/11:8/11:6)

Ioannis Sgouropoulos – Mizuki Oikawa       3:1

(12:10/1:11/11:8/11:6)

Mihai Bobocica – Bastian Steger                  2:3

(7:11/11:9/11:13/9:11)

Anders Lind – Mizuki Oikawa                     2:3

(5:11/11:7/9:11/11:8/8:11)

Bobocica/Sgouropoulos – Steger/Zeljko       3:0

(10:12/11:13/8:11)

Spieldauer: 3:37 Stunden

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