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So geht es selbstständigen Trainern in der Pandemie

Andrea Voigt und Munir Jassem geben Auskunft / "Ziemlich trist im Moment"

Andrea Voigt und Munir Jassem

"Besch...eiden", antwortet Andrea Voigt auf die Frage nach ihrer aktuellen Situation. Der Lockdown macht in erster Linie den Aktiven, vor allem Kindern und Jugendlichen zu schaffen, die zwangspausieren müssen; Er trifft die Vereine/Verbände, und er trifft auch diejenigen, die sich mit Tischtennis ein Standbein aufgebaut haben. Andrea Voigt, ausgebildete Lehrerin, ist seit 2005 selbstständige Tischtennis-Trainerin, gibt in normalen Zeiten bis zu fünfmal in der Woche Training, leitet Lehrgänge oder betreut den Nachwuchs bei Turnieren. Seit einem Jahr ist fast kompletter Stillstand. "Im September fing es relativ gut an, aber aktuell sind meine Trainingsgruppen komplett eingestellt", sagt Voigt, die befürchtet, dass viele Kinder nach dem Lockdown gar nicht mehr zum Schläger greifen. Schon eine groß angelegte und hoffnungsvolle Schul-Aktion zusammen mit dem TSV Brendlorenzen im vergangenen Frühjahr musste eingestellt werden. 50 Kinder hatten nach einem Tischtennis-Tag Interesse am Vereinstraining gehabt. "Da wären sicher 20 dabei geblieben für eine neue Anfängergruppe", sagt Voigt seufzend. 

Die A-Lizenz-Trainerin ist auch in der Aus- und Fortbildung für Bayern tätig, sie hätte Lehrgänge im November, Dezember, Januar, Februar geleitet. Diese fallen aus - und damit auch sämliche Einnahmen. "Wenn ich meinen Mann nicht hätte, wüsste ich nicht, wie das zu stemmen ist." Ein jährlicher Osterlehrgang mit 100 Kindern werde auch nicht stattfinden. "Es ist ziemlich trist im Moment." Einzig das Training mit Kaderspielern ist erlaubt. Seit kurzem darf Voigt am Wochenende mit Konrad Haase und Linus Dreykorn plus zwei Sparringspartnern in Neustadt an der Saale Einheiten absolvieren. Die Stadt hat die Genehmigung für Leistungssporttraining mit Kader-Athleten erteilt. Für die Kader-Mitglieder ist das eine tolle Sache, "ich befürchte aber, dass der Lockdown vor allem die trifft, die gut sind, aber eben noch nicht dem Kader angehören bzw. an der Schwelle stehen", so Voigt. Ihr Hoffnung ist, dass es zur kommenden Saison einigermaßen normal weitergeht, wobei "die Stützpunkte dann erst wieder anlaufen müssen."

Munir Jassem: "Gibt viele, denen geht es deutlich schlechter"

"Ein bisschen langweilig", beschreibt Munir Jassem seine Gemütslage. Der 58-Jährige ehemalige irakische Nationalspieler, der Anfang der 2000er aus seiner Heimat nach Deutschland flüchtete und sich mittels Tischtennis ein Leben hier aufbaute, durfte kürzlich wieder mit Einzeltraining für drei Kaderspielerinnen beginnen. Auch mit seinem langjährigen Schützling Lena Kramm, Paralympics-Starterin 2016, arbeitet Jassem wieder regelmäßig. Und doch ist einiges auf der Strecke geblieben, zum Beispiel sein Engagement in den Vereinen in Vohburg, Maxhütte sowie im Lehrbereich des BTTV. Wie Andrea Voigt hat sich Munir Jassem nicht mit dem Thema staatliche Hilfen beschäftigt. Er lehnt diese eher ab. "Mir geht es doch gut. Ich habe alles, was ich brauche, habe keine großen Ausgaben. Warum soll ich Hilfe anfordern? Es gibt viele, denen geht es deutlich schlechter", sagt Jassem, der sich neben Tischtennis noch ein weiteres Standbein aufbaute. 

Der B-Lizenz-Trainer ist seit 2013 bei der Caritas beschäftigt, er macht normalerweise an drei Ingolstädter Schulen die sportliche Nachmittags-Betreuung, vor allem für 1.- 6. Klassen. "Das war eher Zufall, dass ich bei der Caritas begonnen habe. Martin Diepold vom MTV Ingolstadt hatte mich darauf gebracht. Mittlerweile habe ich einen unbefristeten Vertrag und werde auch während des Lockdowns weiter bezahlt. Die Arbeit in den Schulen macht mir so viel Spaß und die Schulen sind auch happy mit meiner Arbeit", berichtet Jassem. Tischtennis ist und bleibe aber nach wie vor sein Leben. "Das wissen auch die Vereine. Der Vorstand von Vohburg hat mich während des Lockdowns auch weiterbezahlt, ohne dass ich ihn darauf angesprochen habe. Das ist eine tolle Wertschätzung meiner Arbeit."

Zwischen April und November ist Jassem wieder in der bayerischen Traineraus- und fortbildung der eingeplant. In die Lehrgänge steckt er ebenfalls viel Herzblut rein, versucht stets, neue Inhalte in die Ausbildung zu integrieren. Bleibt nun zu hoffen, dass es im April wieder mit der Aus- und Fortbildung weitergehen kann.

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