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Einzelsport Erwachsene  

Sabine Winter: „Ich habe über die Jahre dazugelernt“

Interview mit der Deutschen Meisterin im Einzel/ Nächstes Highlight ist die Heim-EM im August

Sabine Winter ist am Ziel ihrer Träume: Im vierten Anlauf hat es mit dem Einzeltitel geklappt - jetzt peilt sie eine Medaille bei der Heim-EM im August an. Foto: BeLa Sportfoto / DTTB

Sabine Winter hat am Wochenende bei den Nationalen Deutschen Meisterschaften in Saarbrücken nach bisher drei erfolglosen Versuchen erstmals den Titel im Einzel gewonnen. Doch jetzt heißt es einmal kurz durchschnaufen, denn bereits Mitte August (13. bis 21. August) steht das nächste Großevent mit den European Championships in der Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle an.

Wie war das Gefühl, als du den zwölften Punkt gegen Han Ying im sechsten Satz gewonnen hattest?
Sabine Winter:
Ein sehr schönes Gefühl. Ich hatte schon das Ziel, irgendwann mal Deutsche Meisterin im Einzel zu werden. Es hat aber sehr lange gedauert, bis ich es geschafft habe. Ich war mir auch nicht sicher, dass ich irgendwann mal noch schaffen werde. Ich war natürlich sehr happy, dass es doch nach einer so langen Zeit noch geklappt hat. 

Wie hast du die ganze Partie wahrgenommen? Ab wann hast du gemerkt, dass du gegen sie gewinnen kannst? Der zweite und fünfte Satz war ja eine eindeutige Angelegenheit für dich…
Winter:
Ich wusste im Vorfeld, dass ich gegen Ying auch schon gewonnen habe und somit an einem guten Tag wieder gegen sie gewinnen kann. Und wusste auch, dass sie nicht so gerne gegen mich spielen will. Mir war klar, dass es wahrscheinlich eine offene Partie wird. Ich habe sie schon als Favoritin gesehen, aber ich wusste, dass ich gegen sie auf jeden Fall eine Chance habe - und die nicht nur bei zehn Prozent liegt. Nach dem zweiten Satz habe ich gemerkt, dass sie sehr viel Respekt vor mir und meiner Stärke gegen Abwehr zu spielen hatte. Sie hat nach meiner Meinung etwas zu wild angegriffen. Da dachte ich mir dann schon, dass ich diesmal sicherlich den Titel holen kann. Aber ich wusste nach dem zweiten Satz auch, dass es noch ein langer Weg ist, Ying sich noch anpasst und nicht so wie im zweiten Satz weiterspielt. Dass ich eine Chance habe, daran habe ich vor dem Spiel geglaubt.

Wieso spielt sie nicht gerne gegen dich?
Winter:
Wie gesagt, weil ich gut gegen Abwehr spiele. Ying hat sicherlich Gegner in Deutschland, gegen die sie lieber spielt als gegen mich. Sagen wir es so: Es war eigentlich vor dem Turnier wohl klar, dass Ying in diesem Feld gegen niemanden verlieren kann außer eventuell gegen mich, wenn ich gut drauf bin.

Was der Fall war…
Winter:
Ich denke, ich habe in diesem Spiel ganz ordentlich gespielt…

Welche Taktik hattest du dir gegen Ying zurechtgelegt?
Winter:
Ich weiß, dass es generell gegen Abwehr wichtig ist, dass ich geduldig bleibe, nicht zu früh versuche, den Punkt zu machen und nicht zu hektisch werde. Außerdem habe ich erwartet, dass sie auch mehr angreifen wird - so wie sie es gegen andere Spielerinnen gemacht hat. Ich hatte mich also darauf eingestellt, dass ich auch passiv bereit sein muss. Dann habe ich erstmal versucht, den richtigen Mix zu finden. Also nicht zu hektisch werden, aber den richtigen Ball für den Punkt auszusuchen, weil irgendwann muss man bei Ying versuchen, fest zu spielen, sonst kommt man bei ihr nicht durch. Man darf nicht überhastet agieren. Es war das Wichtigste, dass ich das Ganze nicht zu hektisch gestaltet habe.

Wie groß ist für dich die Erleichterung, dass es im vierten Anlauf für dich endlich mit dem Einzeltitel geklappt hat?
Winter:
Die ist groß. In Zukunft fällt es mir leichter bei den "Deutschen" zu spielen, weil der Druck weg ist, unbedingt einmal den Titel gewinnen zu wollen. Den Druck habe ich mal eher selbst gemacht, doch ich wusste, dass Ying eine extrem gute Spielerin und Nummer eins in Deutschland ist. Das wäre kein Beinbruch gewesen, wenn ich gegen Ying verloren hätte. Natürlich wurde ich im Vorfeld immer wieder gefragt, ob ich mir diesmal den Titel hole oder nicht.  Mit dem Druck, den ich mir selbst auferlegt habe, bin ich aber gut zurechtgekommen. 

War diesmal im Gegensatz zu 2012, 2015 und 2016 etwas anders?
Winter:
Ich denke, 2012 habe ich das Finale verloren, weil ich noch die Unerfahrenere war. Da hatte ich gegen die erfahrene Wu Jiaduo gespielt und bin damals tatsächlich an mir selbst gescheitert. Wie heißt es doch so schön: man lernt aus Niederlagen. Das trifft zwar nicht immer zu, aber aus dieser Niederlage hatte ich für die weiteren Spiele etwas dazugelernt. Von daher war die Niederlage sicherlich nicht nur schlecht. 2015 habe ich gegen Petrissa Solja verloren. Ich kann mich erinnern, dass es ein ziemlich gutes Spiel von mir war, doch am Ende war Solja einfach besser. Da hatte ich nicht viel verändert und wusste nicht, an was es gelegen hat. 2016 war Kristin Silbereisen (inzwischen Lang) die Gegnerin, mit ihrem Spielsystem hatte ich damals immer sehr viele Probleme. Ich hatte davor auch nur einmal gegen sie gewonnen. Von daher kam diese Niederlage nicht allzu überraschend. Ich denke, bis heute bin ich ein bisschen gereift und schätze, dass ich im Finale stand, hat damit zu tun gehabt, dass ich gegenüber Annett Kaufmann die erfahrenere Spielerin war. Beim ersten verlorenen Titel war ich noch etwas zu jung, jetzt bin ich ins Finale gekommen, weil ich über die Jahre schon etwas Erfahrung gesammelt habe. Der größte Unterschied ist, dass ich älter geworden bin und über die Jahre dazugelernt habe. 

Welche Rolle hat die Erfahrung gespielt, indem du Rückschlüsse aus den bisherigen drei Finalniederlagen gezogen hast?
Winter:
Früher habe ich mich vom Verhalten der Gegnerin schneller aus dem Konzept bringen lassen, als es jetzt der Fall ist. Inzwischen konzentriere ich mich auf mich selbst und verschwende keine Gedanken an die Gegner. Wenn etwas ist, dann atme ich tief durch, alles ist wieder vergessen und ich spiele einfach weiter, während ich mich früher etwas schneller vom Drumherum habe ablenken lassen. Jetzt bin ich normalerweise beim Spiel konzentriert, versuche mein Spiel dem Gegner aufzuzwingen beziehungsweise mein Ding zu machen und mich nicht ablenken zu lassen. Das klappt nun besser als früher. 

Mit dem siebten Titel im Doppel – damit wärst du alleinige Rekordhalterin gewesen  hat es nicht geklappt. Das wirst aber sicher locker verschmerzen können, oder? An was machst du es fest, weshalb es im Duett mit Tanja Krämer gegen Kaufmann/Schreiner nicht zum Sieg gereicht hat?

Winter: Die beiden haben keine Fehler gemacht und waren viel besser. Vor allem Annett Kaufmann hat unfassbar druckvoll agiert und mit einer sehr hohen Qualität die Bälle platziert. Da war für uns am Sonntag einfach nicht viel zu machen, weil die keine Fehler eingebaut haben, während sich bei uns auch leichtere Fehler eingeschlichen haben, weil wir so unter Druck gesetzt worden sind bis wir was machen müssen, wenn ein Ball mal liegt.  Aber selbst ohne die paar leichten Fehler, die wir gemacht haben, wäre das Spiel nicht anders ausgegangen, weil die beiden wirklich deutlich besser als wir waren. Sie haben das Spiel absolut verdient 3:0 gewonnen. 

Manche sagen: einen Titel zu gewinnen ist schwer, aber noch schwerer ist es, ihn ein Jahr später zu verteidigen. Jetzt wird es mit der Titelverteidigung nicht ein Jahr dauern, da die DM hoffentlich wieder an ihren angestammten Platz Ende Februar/Anfang März rücken wird…
Winter:
Mit der Titelverteidigung habe ich mich noch nicht beschäftigt. Deutsche Meisterschaften zu gewinnen, ist immer schwierig. Wenn ich mal wieder im Finale stehen sollte, wird es vom Kopf her leichter sein wie dieses Jahr. Man hat den Titel schon gewonnen und kann dann doch ein bisschen lockerer spielen. Natürlich sagt man immer, dass die Titelverteidigung einen gewissen Druck erzeugt. Aber nur weil ich jetzt dieses Jahr den Titel gewonnen habe, sehe ich mich jetzt nächstes Jahr nicht als Favoritin, sondern kann entspannter angreifen, weil ich den Titel schon habe und er mir nicht mehr in der Sammlung fehlt. Das bringt dann ein bisschen mehr Ruhe mit sich. Noch habe ich mich nicht damit beschäftigt, das werde ich dann kurz vor den nächsten Deutschen Meisterschaften tun. Generell würde ich nicht sagen, dass nun nächste Jahr mehr Druck auf mir lastet, weil ich jetzt gewonnen habe, sondern ich würde sagen, dass es gerade andersrum ist.

Ende September wirst du 30, du hast in deiner Laufbahn schon viele Titel gewonnen. Welche Ziele hast du dir kurz- bis mittelfristig gesteckt, auch hinsichtlich anderer Events? Sind Olympische Spiele ein Ziel, nachdem du 2016 in Rio mit dabei warst?
Winter: 
Das Highlight ist die Europameisterschaft in München (European Champions) vom 13. bis 21. August 2022, auf die ich mich sehr gut vorbereiten werde und in Topform sein will. Das Ziel ist eine Medaille, im Doppel habe ich immer eine Chance und schon oft erfolgreich gespielt. Im Einzel ist es sicherlich immer auch von der Auslosung und Tagesform abhängig. Aber ich weiß, dass in Europa keine für mich unschlagbar ist. Ich hoffe, ich werde in Topform sein, kann gute Spiele zeigen und dass ich in einer Konkurrenz eine Medaille gewinne. Das ist schwer, aber realisierbar. Danach, also 2024, ist wieder Olympia. Es wäre schön, wenn ich dabei bin. In Deutschland ist die Konkurrenz aber sehr, sehr groß. Ich werde einfach gut trainieren, mein Bestes geben und hoffen, dass ich gute Ergebnisse erziele und vielleicht bei Olympia eine gute Rolle spielen kann. Aber das ist ein so langer Weg, deswegen werden sich noch viele Zwischenziele ergeben. Wenn ich für Olympia nominiert werde, werde ich nicht nein sagen. Gerade ist der Fokus auf die Heim-EM in München gelegt. 

Verwandte und Freunde sind sicherlich sehr stolz auf dich. Bekannt, ob es einen ordentlichen Empfang in deinem Heimatort Seefeld gibt?
Winter:
Ich weiß bisher von nichts. Wenn ich zuhause bin, was vor der EM nicht der Fall sein wird, werde ich mit meiner Familie anstoßen. Ich hoffe, dass ich dann auch gleich auf den nächsten Erfolg anstoßen kann. 

Sprich ein Doppelerfolg DM und EM…
Winter: In Seefeld ist tatsächlich noch nie so viel mit Ehrungen passiert. Ich wohne ja in Düsseldorf, aber bin in Seefeld aufgewachsen. Bisher hat sich jedenfalls bei mir niemand gemeldet. Aber vielleicht liest der Bürgermeister über meinen Erfolg erst diese Woche in der Zeitung und meldet sich. Aber das ist nicht entscheidend für mich. 

Bericht zur Deutschen Meisterschaft

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